TOP 11: Start eines Dialogprozesses „Zukunft der Küstenfischerei“ (Drs. 20/910 (neu), 20/1118)
„Stellen Sie sich vor, wir befinden uns im Jahr 2040. Das Land ist klimaneutral.
In Büsum gehen am Hafen die ehemaligen Landtagsabgeordneten Oliver Kumbartzky und Thomas Hölck spazieren. Der geschätzte FDP-Kollege gibt altersmilde gestimmt zu, dass sein ebenso geschätzter Kollege Hölck Recht bei der Winddebatte hatte. Plötzlich bekommen die junggebliebenen Abgeordneten Hunger, Heißhunger auf ein Fischbrötchen. Sie steuern die nächstgelegene Fischbude an. Und stellen fest: Kein Fischbrötchen, kein Krabbenbrötchen.
Nichts, Null. Sie drehen sich um, kein Fischkutter weit und breit.
Was könnte passiert sein? Stark einschränkende Fangverbote der EU konnten zwar zum Teil verhindert werden. Aber die Zukunftsperspektive für die Fischereiflotte an Nord- und Ostsee blieb aus. Mangelnde Planungssicherheit hat die Investition in klimaneutrale Kutter verhindert, Fischbestände sind durch Klimawandel und Überfischung zurückgegangen und das Fischereihandwerk ist ausgestorben. Soweit darf es nicht kommen!
Man kann es nicht leugnen, die Küstenfischerei ist in einer anhaltend schwierigen Situation. Fachkräftemangel. Steigende Betriebskosten. Zum Teil schwindende Fischbestände. Die Konkurrenz um Fanggebiete und Fangquoten bietet nur einige Gründe, die es dem traditionellen Handwerk schwer machen. Auch ein möglicher Nationalpark Ostsee könnte die die Ostsee-Küstenfischerei weiter einschränken. Ein Großteil der deutschen Fischereiflotte ist veraltet. Das Durchschnittsalter liegt bei 42 Jahren. Technisch und wirtschaftlich, lassen sich die Kutter nicht mit klimaneutralen Antrieben ausstatten. Aber an der Klimaneutralität kommt diese Branche, wie jede andere auch, nicht vorbei.
Der Fischkutter der Zukunft ist in der Entwicklung. Er wird vermutlich mit Methanol angetrieben. Ein handelsüblicher Kutter soll nach heutiger Schätzung 2 Mio Euro kosten. Das ist kein Pappenstiel.
Das zeigt doch ganz klar: Wir müssen verstärkt in die Forschung klimaneutraler Antriebssysteme investieren und die Betriebe in die Lage versetzen, diese Investitionen auch stemmen zu können.
Wer in die neue Technik investiert braucht Perspektive. Der braucht das Bekenntnis, dass die Küstenfischerei langfristig in unseren Gewässern gewollt ist. Deshalb bekenne ich mich für meine Fraktion zu der Zukunft der häufig familiengeführten Küstenfischereibetriebe. Sie sind identitätsstiftend für unsere Regionen, stärken den Tourismus, tragen zur regionalen Wertschöpfung bei und sind von uns gewollt!
Es reicht aber nicht, eine EU-Richtlinie mit Fangverboten abzuwehren, um dann dieses traditionelle Handwerk wieder aus den Augen zu verlieren. Wir benötigen einen Prozess, einen Dialog zur Zukunft zur nachhaltigen Küstenfischerei. Dabei muss anerkannt werden, dass die Fischer bereits heute bemüht sind, umweltschonend ihr Handwerk auszuüben.
Natürlich ist die Fischerei in Nationalparks eine hochsensible Angelegenheit, deshalb müssen Fangmethoden hinsichtlich der Nachhaltigkeit stetig verbessert werden. Forschung und staatliche Förderung müssen dabei unterstützen. Am 27. April 2023 hat das Thünen-Institut seine Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Krabbenfischerei auf den Meeresboden vorgestellt. Vier Jahre wurden die Auswirkungen der Garnelenfischerei auf die Lebensräume in den Wattenmeer-Nationalparks der norddeutschen Bundesländer untersucht. Als Fazit des „Cranimpact“ Forschungsprojekts wurde seitens des Instituts erklärt: „In der Gesamtschau der Experimente konnte keine statistisch signifikante Häufung von Effekten durch fischerreiliche Störung gemessen werden“. Die Ergebnisse machen Mut für einen fairen Zukunftsdialog, der Umwelt und Fischerei zusammendenkt.
Was die beiden jung gebliebenen Abgeordneten in Büsum 2040 übersehen hatten: Es gab noch Fisch! Gezüchtet oder aus anderen Ländern unter schlechtesten Bedingungen gefangen und nach Norddeutschland gebracht. Das kann keiner wollen. Deshalb setzte ich mich mit meiner Fraktion für eine nachhaltige Küstenfischerei in Schleswig-Holstein ein. Die Haltung „Irgendwie geht das schon weiter“ müssen wir überwinden. Ich will einen ehrlichen Dialog und ein ehrliches Bekenntnis zu einer Küstenfischerei, die die Naturschutzbelange berücksichtigt.“