Wir brauchen eine sinnvolle und langfristige Regelung

TOP 18: Abwasserdichtheitsprüfung nur in begründeten Verdachtsfällen (Drs. 20/814)

 

„Unsere Trinkwasservorräte müssen vor häuslichem Abwasser geschützt werden. Es besteht daher kein Zweifel an den gesetzlichen Pflichten von Eigentümer*innen einer Immobilie. Abwasserleitungen müssen instandgehalten werden und dürfen keine Gefahr für die Umwelt darstellen. Grundlage für die Verpflichtung aller Grundstückseigentümer für die Zustands- und Funktionsprüfungen privater Abwasserleitungen ist das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes (WHG). Danach müssen alle Abwasseranlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden. In Schleswig-Holstein sollte die Dichtheitsprüfung privater Abwasserleitungen ursprünglich bis Ende 2015 erfolgt sein. Nach heftigen Bürgerprotesten hat das Umweltministerium diese Frist Anfang Oktober 2010 bis zum 31.12.2025 und nun aktuell bis 2040 verlängert. Mit der wiederholten Fristverschiebung außerhalb von Wasserschutzgebieten, muss man doch annehmen, dass undichte Abwasserleitungen kein akutes bzw. gar kein Problem darstellen. Andernfalls wäre diese Fristverlängerung grob fahrlässig und damit sicher kein Vorschlag des Umweltministeriums.

 

Eine Pflicht zur Dichtheitsprüfung von privaten Abwasserleitungen besteht nur dann, wenn es dazu eine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift gibt. Diese hat die CDU/FDP Landesregierung 2010 geschaffen. Bisher haben erst vier Bundesländer eine solche Vorschrift erlassen, nämlich Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Schleswig-Holstein.  Alle anderen Bundesländer sehen offensichtlich derzeit keine Notwendigkeit für die Ein-führung einer verpflichtenden Dichtheitsprüfung. Baden-Württemberg hat die Prüfpflicht zwar eingeführt, aber mit großzügigen Ausnahmen. Haushalte mit einem täglichen Anfall von häuslichem Abwasser von unter 8 m3 sind nicht prüfpflichtig. Der private Hauseigentümer hat damit vermutlich in der Regel nichts zu befürchten bzw. zu veranlassen. Die ursprüngliche Prüfpflicht in Nordrhein-Westfalen wurde wieder abgeschafft. Eine verpflichtende Funktionsprüfung gilt nur noch bei Neuvorhaben in Wasserschutzgebieten, bei wesentlichen Änderungen und in begründeten Verdachtsfällen. In Hessen wurde die Dichtheitsprüfung 2010 eingeführt und 2012 wieder abgeschafft. In Hamburg besteht die Prüfpflicht und in Schleswig-Holstein wurde die Frist nur verschoben, aber nicht ausgesetzt.  Unsere Regelung in Bezug auf Wasserschutzgebiete ist sinnvoll. Daher würde ich weder so weit gehen wie Nordrhein-Westfalen, noch werden wir dem FDP-Antrag in diesem Punkt folgen. Denn dieser sieht lediglich die Möglichkeit für Kommunen vor, in Wasserschutzgebieten in Fällen eines Verdachts auf Undichtigkeiten eine Abwasserdichtheitsprüfung vorzuschreiben.

 

In Schleswig-Holstein gilt die DIN 1986 Teil 30 als anerkannte Regel der Technik. Grundsätzlich ist die Anwendung einer Norm freiwillig, sie ist nicht bindend. Es sei denn ihre Anwendung wird vertraglich vereinbart. Eine Rechtsverbindlichkeit erreichen Normen erst dann, wenn Gesetze oder Rechtsverordnungen auf sie verweisen. Genau das ist geschehen. Mit Datum vom 05. Oktober 2010 wurde die DIN 1986 Teil 30 „Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Instandhaltung mit Änderungen und Ergänzungen als anerkannte Regeln der Technik nach § 34 Abs. 1 Landeswassergesetz eingeführt und im Amtsblatt bekannt gemacht. In der Konsequenz bedeutet das, dass bei einer Aufhebung der Frist, sofort die DIN als anerkannte Regel der Technik greift. Und dann können zuständige Stellen sofort ein Zertifikat auf Dichtheit der privaten Abwasserleitung einfordern. Dann passiert genau das, was  seit Jahren verhindert werden soll: Hausbesitzer*innen müssen umgehend eine Dichtheitsprüfung vornehmen. Es ist offensichtlich, dass es daher einer überarbeiteten und konkreten Regelung bedarf, die über die Verschiebung von Fristen hinausgeht.

 

Der aktuelle Zustand ist irrsinnig: Da gibt eine verbindliche Vorschrift, bei der man sich nicht traut diese umzusetzen. Seit Veröffentlichung im Amtsblatt 2010 werden mit der aktuellen Fristverschiebung 30 Jahre keine verpflichtenden Erstprüfungen außerhalb von Wasserschutzgebieten erforderlich. Es lässt sich hinterfragen, ob man diese Vorschrift dann überhaupt noch braucht.  Kann man die anerkannte Regel der Technik als Rechtsnorm wieder abschaffen?

 

Das Thema ist zu wichtig, um Ihren Antrag einfach abzulehnen. Wir sollten vielmehr nach einer langfristigen und sinnvollen Regelung streben. Deshalb beantragen wir eine Ausschussberatung, um vertieft diskutieren zu können und dann hoffentlich eine akzeptable Lösung zu finden.“

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